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Channel: Mietvertrag – Rechtslupe
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Die im Vertrag nicht angegebene Vertretungsregelung – und die erforderliche Schriftform

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Enthält das Rubrum eines mit einer Aktiengesellschaft abgeschlossenen Mietvertrags oder eines Nachtrags keine Angaben über die Vertretungsregelung der Gesellschaft, ist die Schriftform des Vertrags auch dann gewahrt, wenn nur ein Vorstandsmitglied ohne Vertretungszusatz unterzeichnet hat.

Der Mietvertrag wahrt daher auch in diesem Fall die für die wirksame Vereinbarung einer Laufzeit von mehr als einem Jahr erforderliche schriftliche Form (§ 550 i.V.m. § 578 Abs. 1 BGB).

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist das der Fall, wenn sich die für den Abschluss des Vertrags notwendige Einigung über alle wesentlichen Vertragsbedingungen, insbesondere über den Mietgegenstand, die Miete sowie die Dauer und die Parteien des Mietverhältnisses, aus einer von beiden Parteien unterzeichneten Urkunde ergibt. Von der Schriftform ausgenommen sind nur solche Abreden, die für den Inhalt des Vertrags, auf den die Parteien sich geeinigt haben, von nur nebensächlicher Bedeutung sind.

Dass der Mietvertrag die wesentlichen Vertragsbedingungen enthält, ist nicht zweifelhaft. Unterschrieben worden ist er von dem damaligen Vermieter sowie aufseiten der Mieterin von dem Vorstandsmitglied K. N. und einem Prokuristen. Damit ist die Schriftform nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gewahrt. Ist die Urkunde im Falle einer Personenmehrheit nicht von allen Vermietern oder Mietern unterzeichnet, müssen die vorhandenen Unterschriften deutlich zum Ausdruck bringen, dass sie auch in Vertretung der nicht unterzeichnenden Vertragsparteien geleistet worden sind. Denn sonst lässt sich der vorliegenden Urkunde nicht eindeutig entnehmen, ob der Vertrag mit den vorhandenen Unterschriften, auch für die und in Vertretung der anderen genannten Vertragsparteien, zustande gekommen ist oder ob die Wirksamkeit des Vertrags so lange hinausgeschoben sein soll, bis auch die weiteren Vertragsparteien diesen unterschrieben haben.

Handelt es sich bei einer Mietvertragspartei dagegen nicht um eine Personenmehrheit, sondern um eine Kapitalgesellschaft, die von mehreren Personen vertreten wird, kann der Eindruck, die Urkunde sei in Bezug auf die Unterschriften noch unvollständig, nicht entstehen, wenn ein Mitglied des Vorstands und ein Prokurist unterzeichnet haben. Ein Rechtsnachfolger, dessen Schutz die Schriftform in erster Linie dient, kann in diesem Fall erkennen, dass die Unterzeichnung für alle Vorstandsmitglieder erfolgt ist. Denn nach § 78 Abs. 3 AktG kann die Satzung der Gesellschaft unter anderem bestimmen, dass einzelne Vorstandsmitglieder in Gemeinschaft mit einem Prokuristen zur Vertretung der Gesellschaft befugt sind. Deshalb genügt die Unterzeichnung durch ein Vorstandsmitglied und einen wie hier mit dem Zusatz „ppa” unterschreibenden Prokuristen dem Schriftformerfordernis.

Auch der erste Nachtrag wahrt im hier entschiedenen Fall die Schriftform. Nach der sogenannten Auflockerungsrechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die gesetzliche Schriftform des gesamten Vertragswerks gewahrt, wenn eine Nachtragsurkunde auf den ursprünglichen Vertrag Bezug nimmt und zum Ausdruck bringt, es solle unter Einbeziehung der Nachträge bei dem verbleiben, was früher formgültig niedergelegt worden sei. Diese Voraussetzungen waren erfüllt: Unterzeichnet wurde der Nachtrag wiederum von dem Vorstandsmitglied K. N. und einem Vertreter. Damit kann insofern nicht der Eindruck eintreten, die Urkunde sei im Hinblick auf die geleisteten Unterschriften unvollständig.

In Bezug auf einen zweiten Nachtrag war allerdings streitig, ob die Schriftform gewahrt war, da ihn ein Vorstandsmitglied der Aktiengesellschaft allein und ohne Hinweis auf die Vertretungsregelung unterschrieben hatte.

Für Fälle, in denen die Vertretungsregelung der Aktiengesellschaft im Rubrum des Mietvertrages angegeben ist, hat der Bundesgerichtshof zwar entschieden, dass sich der ohne Vertretungszusatz geleisteten einzelnen Unterschrift nicht entnehmen lasse, ob die übrigen Vorstandsmitglieder noch unterzeichnen müssten; deshalb könne der Eindruck entstehen, es bedürfe zur Wirksamkeit der Vereinbarung einer weiteren Unterschrift. Bei einer solchen Gestaltung folgen die Zweifel an der Vollständigkeit der Unterschriftsleistung unmittelbar aus der Urkunde selbst.

Im vorliegenden Fall enthält das Rubrum des Mietvertrags jedoch keine Angaben zur Vertretungsregelung der Aktiengesellschaft. Im Rubrum des Nachtrags heißt es hierzu lediglich „C. K. AG, vertreten durch den Vorstand”. Unter solchen Umständen können Zweifel daran, ob das unterzeichnende Vorstandsmitglied nur für sich oder auch für weitere Vorstandsmitglieder unterschreiben will, nicht auftreten. Gemäß § 76 Abs. 2 AktG kann der Vorstand einer Aktiengesellschaft aus einer oder mehreren Personen bestehen. Selbst wenn der Vorstand aus mehreren Personen besteht, kann die Satzung einer Aktiengesellschaft nach § 78 Abs. 3 AktG bestimmen, dass einzelne Vorstandsmitglieder allein zur Vertretung der Gesellschaft befugt sind. In einem solchen Fall steht der Wahrung der Schriftform das Fehlen eines Vertretungszusatzes nicht entgegen. Denn da K. N. nicht selbst Vertragspartei war, kann seine Unterschrift auf der mit Mieter gekennzeichneten Unterschriftszeile nur bedeuten, dass er die im Rubrum des Vertrags als Mieterin genannte Aktiengesellschaft allein vertreten wollte.

Dieser Würdigung steht nicht entgegen, dass im Rubrum des ersten Nachtrags die C. K. AG, vertreten durch den Vorstand K. N. und M. T., genannt ist. Denn diese Vertretungsregelung kann in der Folgezeit eine Änderung dahin erfahren haben, dass ein Vorstandsmitglied allein vertretungsberechtigt ist.

Auch ist für die Beurteilung, ob die Urkunde den Eindruck der Unvollständigkeit erwecken kann, nicht auf die aus dem Handelsregister ersichtliche Vertretungsregelung abzustellen, sondern auf die Angaben im Mietvertrag bzw. dem betreffenden Nachtrag. Allein aus diesen muss sich eindeutig entnehmen lassen, ob der Vertrag mit den vorhandenen Unterschriften zustande gekommen ist oder ob dessen Wirksamkeit so lange hinausgeschoben sein soll, bis weitere Unterschriften geleistet werden. Entscheidend ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs mithin auf die äußere Form der Vertragsurkunde abzustellen. Danach würde auch eine Unterzeichnung als Vertreter ohne Vertretungsmacht der Einhaltung der Schriftform nicht entgegenstehen. Ob der Vertrag bereits mit dieser Unterzeichnung wirksam zustande kommt oder mangels Vollmacht des Unterzeichnenden erst noch der Genehmigung der von ihm vertretenen Partei bedarf, ist keine Frage der Schriftform, sondern des Vertragsschlusses. Denn § 550 BGB will den Erwerber lediglich über den Inhalt eines gesetzlich auf ihn übergehenden Vertrages informieren und nicht darüber, ob ein wirksamer Vertrag besteht. Das Handelsregister gibt demgegenüber Auskunft über die tatsächlichen Vertretungsverhältnisse, auf die es für die Wahrung der Schriftform nicht ankommt.

Diesem Ergebnis steht nicht entgegen, dass der Bundesgerichtshof im Fall der Unterzeichnung eines Mietvertrags durch einen Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts die Schriftform als gewahrt angesehen hat, weil dieser seiner Unterschrift einen Betriebsstempel beigefügt hat. In jenem Fall diente das Hinzusetzen des Stempels zu der Unterschrift dem Zweck, die Unterschriftsleistung eines nur gemeinsam mit den übrigen Gesellschaftern vertretungsberechtigten Gesellschafters als zugleich in deren Namen abgegeben auszuweisen. Einer solchen Kenntlichmachung bedurfte es im vorliegenden Fall nicht.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 22. April 2015 – XII ZR 55/14


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